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2018: Claudia Schneider – Schlafenszeit. Überlegungen zu Vereinnahmungs- und Optimierungsstrategien des Schlafes

Masterarbeit, 2018
Medienkultur- und Kunsttheorien

Datum der Approbation: 16.10.2018

Betreut von Univ.-Prof.in Dr.inphil. Karin Harrasser

Wir alle schlafen. Wir alle schlafen unterschiedlich. Unterschiedlich gerne, unterschiedlich lange, unterschiedlich gut. In Zeiten des langen In-den-Bildschirm-Schauens und unregelmäßige Arbeitszeiten, durch Werbeversprechen, Optimierungsmythen und Reizüberflutung werden Schlaf-Vorstellungen und Schlafgewohnheiten aus dem Lot gebracht. Die Floskel „Hast du gut geschlafen?“ mutiert vom Smalltalk-Klassiker zur fast diabolischen Sinnfrage oder Statussymbol-Anzeige. In der Masterarbeit werden aktuelle Strategien, Techniken und Mechanismen der Vereinnahmung, Optimierung bis hin zur Abschaffung des Schlafes auf ihre Ursachen hin kritisch hinterfragt. Dabei werden philosophische Betrachtungen des Schlafes vorgestellt, Einblicke in unterschiedliche Schlafmuster gegeben, und medizinische und medizingeschichtliche Aspekte des Schlafes betrachtet und nach möglichen Formen der Kontrolle untersucht: der Kontrolle durch Einzelne, aber auch durch Gemeinwesen, Institutionen oder den Staat. Dafür bietet die Foucaultsche Theorie der Biopolitik den Ausgangspunkt. Strukturelle Voraussetzungen und deren Auswirkungen in Bezug auf den Umgang mit dem Schlaf – direkte aber auch indirekte – sollen dabei erforscht werden, um ein besseres Verständnis für alte sowie aktuelle Verhältnisse zu entwickeln. Um ein besseres Gespür für gegenwärtige Entwicklungen im Bereich Schlaf zu erlangen, wird der Fokus zunächst auf historische Entwicklungen gelegt und den gesellschaftlichen, das heißt vielfach ökonomischen Motiven der Einflussnahme auf das „natürliche“ Schlafbedürfnis nachgegangen.
Abschließend werden an aktuellen Beispielen der Schlafoptimierung die dahinterstehenden Mechanismen analysiert. Schlaf-Apps und smarte Bettsysteme aber auch das Nickerchen bieten hier umstrittene Ansatzpunkte für ein besseres Verstehen des Schlafes in einer 24/7 Gesellschaft, in der ständige Verfügbarkeit aber vor allem auch Effizienz zu allgemein unumstrittenen Zielen erklärt scheinen. Der Schlaf wird zur privaten Baustelle, an der jede Nacht gewerkelt, gebastelt experimentiert und analysiert werden soll, will man den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen. Ob dies für einen selbst, oder letztlich doch zur Steigerung ökonomischer Leistungsfähigkeit und zum Zweck der Ausweitung des Wissens und der Kontrolle geschieht, bleibt oft unklar. Vorher erworbene Erkenntnisse konnten zeigen, dass bereits in der Antike Bestrebungen den Schlaf zu verstehen und ihn zu kontrollieren bekannt waren und negieren somit die These, Schlafoptimierung sei als reine Modeerscheinung zu verstehen. Die Studie hat gezeigt, dass es im Gebiet der Schlafforschung einen erheblichen Mangel an interdisziplinären Forschungsbeiträgen gibt, wozu die Masterarbeit einen kleinen Beitrag leistet, der auf viele fruchtbare Weiterführungsmöglichkeiten aufmerksam macht.