Skip to content

07.12.2016: Tages-Exkursion Steyr / Ausstellung „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“

Verfasserin: Sonja Thoms
Im Rahmen des Seminars „Medien/Arbeit“ unternahm MKKT mit StudentInnen am 07.12.2016 eine Tages-Exkursion nach Steyr in die Ausstellung „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ im Museum Arbeitswelt. Vorbereitend hatten wir uns mit Texten von Jens-Christian Wagner, Bertrand Perz und Florian Freund über die Zwangsarbeit zur Zeit der NS-Herrschaft in Deutschland als auch in Österreich beschäftigt.
Bei unserer Ankunft wurden wir von einem Mitarbeiter der pädagogischen Abteilung des Museums in Empfang genommen und, bevor wir individuell die Ausstellung besuchten, in das Konzept und den Aufbau der Ausstellung eingeführt. Wir wurden ein wenig über die Geschichte des Museums Arbeitswelt informiert, welches in nächster Zeit sein 30jähriges Bestehen feiert. Das Konzept des Museums für eine Ausstellung ist es immer den individuellen Menschen bei der Arbeit und nicht die große Maschine zu zeigen.
Die Sonderausstellung „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ ist eine internationale Wanderausstellung, die schon in Berlin, Dortmund, Hamburg, Moskau, Prag, Warschau und seit dem 12.05.2016 exklusiv in Österreich nur in Steyr gezeigt wurde. Die Standortwahl fiel auf Steyr, aufgrund der Expertise des Museums in dem Bereich Arbeit und Oberösterreich als einer der zentralen Standpunkte für Zwangsarbeit zur Zeit der NS-Herrschaft in Österreich. Es wird in der Ausstellung nicht die Geschichte des Nationalsozialismus oder des Zweiten Weltkrieges erzählt, sondern wie Arbeit zu jener Zeit gesehen worden ist. Besonders Arbeit als Inklusion in die NS-Volksgemeinschaft und Arbeit als Exklusion. Letzteres betraf unter anderem die Juden, welche in so genannten „Reibpartien“ die Anti-NS Symbole und Parolen mit unzumutbaren Arbeitsmitteln, wie einer Zahnbürste, von Häuserwänden und Gehsteigen entfernen mussten und dabei von der NS-Gemeinschaft öffentlich gedemütigt wurden.
Die Original-Ausstellung wurde um die österreichischen Aspekte dieser Zeitgeschichte erweitert. Insgesamt 15% der Original-Ausstellung wurden ersetzt und auch der Originaltitel „Zwangsarbeit der Deutschen und der Krieg“ wurde für den Schwerpunkt in Österreich abgeändert.
Das Grundkonzept der Ausstellung ist ein chronologischer Aufbau mit einer Unterteilung in 5 große Kapitel, die anfangs von einem einführenden Text auf Leuchttafeln vorgestellt werden. Zu den 5 Kapiteln zählen: „Gewöhnung“, „Radikalisierung“, „Zwangsarbeit als Gesellschaftsverbrechen“, „Nachkriegszeit und Gerechtigkeit?“. Innerhalb der ersten Reflexionsebene „Nachkriegszeit“ geht es unter anderem um den Umgang der Betriebe und Firmen, der Landwirtschaft, Rüstungsindustrie und allgemeinen Industrie, die von den Zwangsarbeitern profitierten und nach Kriegsende ihre Beteiligung leugneten. Die zweite Reflexionsebene stellt die Frage nach der Gerechtigkeit, da Deutschland als auch Österreich erst 50 Jahre nach Kriegsende Entschädigungen an Zwangsarbeiter zahlten. Fotografische Serien dienen als Blickfang und Original-Dokumente in Lichtkästen, als auch Hörstationen mit Original-Tonaufnahmen geben, neben den allgemeinen Informationstafeln, subjektive und individuelle Einblicke in die Bereiche der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus. Interessant ist auch das Konzept der Architektur und Gestaltung, das speziell den Inhalt der Ausstellung transportieren soll. Der Besucher fängt in einem hellen, großen Raum an und je weiter die Verschärfung der Zwangsarbeit durch den NS-Staat thematisiert wird, werden die Räume dunkler und enger. Gegen Kriegsende (4. Kapitel) wird es wieder heller und größer und am Ende steht die Frage der Gerechtigkeit. Es gibt zwar aus organisatorischen Gründen keine Genderunterscheidung, aber die Ausstellung bietet informativen Einblick in die Geschichten der ZwangsarbeiterInnen und speziell auch der Zwangs- und Ausländerbordelle, Schwangerschaften und Kinderheime. Ein möglicher Diskussionspunkt wäre die fehlende Tiefe der persönlichen Erfahrungen in den Zeitzeugeninterviews, die teilweise nur den vorangestellten Informationstext bestätigen und auf diesen anscheinend funktionell  zugeschnitten sind. Erklären lässt sich dieses vor allem durch die Menge an Information und Größe der Ausstellung, wodurch es auch vom Besucher leicht übersehen werden kann.
Abschließend können wir auf eine aufschlussreiche Exkursion zurückblicken. Außerdem empfiehlt es sich die Ausstellung nach dem 18.12.2016 in Weimar zu besuchen, wo sie als Dauerausstellung eingerichtet werden soll.
Fotos: Sonja Thoms